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Interview // Mona Nikolay – Manne Nowak ermittelt

Die Schrebergartenreihe um Manne Nowak hat es mir nicht nur wegen der der lustigen Titel angetan. Auch der Hörbuchsprecher hat mir einige tolle Hörstunden beschert. Als „Schrebergartenkind“ hatte ich nun Gelegenheit die Autorin zu interviewen:

Uve Teschner ist der perfekte Hörbuchsprecher für Manne. Hatten Sie Einfluss auf die Auswahl des Sprechers?

Der Verlag fragt mich eigentlich immer, was ich von diesem oder jenem Sprecher halte. Da ich selbst mal bei einem Hörbuchverlag als Lektorin gearbeitet habe und viele der Sprecher noch von früher kenne, ist die Auswahl für mich immer sehr spannend und auch wichtig. Als von Argon der Vorschlag kam, Uve zu besetzen, bin ich vor Freude allerdings nur noch im Kreis gesprungen und habe die Daumen gedrückt, dass er zusagt. Zum Glück hat er das 🙂

Gibt es für Manne ein Vorbild? Welche Verbindung zum „Schrebergartentum“ haben Sie?

Ich habe selbst einen Schrebergarten und müsste lügen, wenn ich behaupten würde, nicht manchmal an unseren Vorsitzenden zu denken, wenn ich gerade eine Szene mit Manne schreibe. Aber das sind wenn dann nur Nuancen, denn unseren Vorsitzenden sehe ich so gut wie nie und kenne ihn dementsprechend kaum. Er ist eher ein Vorbild bezüglich Körperhaltung und Habitus, das nur in meinem Kopf existiert.

Die Titel der Buchreihe sind genial. Waren die Titel vor der Geschichte da oder umgekehrt?

Vielen Dank! Ich mag die Titel auch und denke jedes Mal: oje, können wir das beim nächsten Buch noch toppen? Allerdings weiß ich gar nicht mehr, ob ich beim ersten Teil den Titel vor der Geschichte hatte oder umgekehrt. Bei Amsel, Drossel mussten wir lange überlegen, da war ich schon mittendrin in der Geschichte, als meine Lektorin den rettenden Einfall hatte. Den Titel für den dritten Fall hatte ich dann wieder sehr schnell. Er ist der bisher witzigste, wie ich finde. Ich darf ihn nur leider noch nicht verraten 🙂

Wird es einen weiteren Fall am Komposthaufen geben? Tanne, Birke und Leiche? Ast, Stamm und Stumpf? (Hey das macht Spaß…)

Jetzt habe ich schon vorgegriffen. Ja, für Manne und Caro geht es noch weiter 🙂

Was müsste in Ihre Handtasche für eine lange Observation als Detektivin?

Fishermans Friend Salmiak (Lutschen hilft gegen den Durst, man sollte nach Möglichkeit nicht auf Toilette gehen müssen), Traubenzucker (wach bleiben!), Früchte- und Energieriegel (wach und satt bleiben), Ersatzakku oder Power Bank für das Handy, damit im entscheidenden Moment nicht der Akku schlapp macht. Dicke Socken und Handschuhe. Beim langen Sitzen kühlen Füße und Hände als erstes aus. Meine jedenfalls.

Mona Nikolay existiert ja gar nicht alleine. Es gibt ja noch Eva Siegmund und Catalina Ferrera. Warum die offenen Pseudonyme und wer gießt sich morgens als erstes den Kaffee ein?

Die Entscheidung, ob Bücher unter einem Pseudonym erscheinen oder nicht treffe ich nicht allein, da wägen Autor*in, Verlag und Agentur im Austausch miteinander die verschiedenen Möglichkeiten sowie das Für und Wider ab. Die Cosy Crime Titel erscheinen unter Pseudonym, um sie von den Büchern mit Science-Fiction-Elementen ganz klar abzugrenzen und Catalina Ferrera lässt in Spanien ermitteln – das passt überhaupt nicht zu einer Schrebergartenanlage in Pankow 🙂 Die Pseudonyme sind offen, weil ich ja trotzdem sehr gerne und stolz zu meinen Büchern stehe.

Den Kaffee gießt mir mein Mann jeden Morgen ein, aber auf meiner Tasse steht momentan eindeutig „Mona Nikolay“. Weil ich am Finale des dritten Teils arbeite, ist mein Kopf meist schon halb im Manuskript.

Wie schreiben Sie? Wie verläuft ein Arbeitstag bei Ihnen?

Ich schreibe meist vom späten Vormittag bis halb vier. Vor dem eigentlichen Schreiben beantworte ich Interviews und Mails und beseitige das Chaos, das mein Sohn in der Wohnung hinterlassen hat. Um vier muss ich ihn abholen, da ist mein Arbeitstag meist vorbei. Wenn ich kurz vor einer Abgabe stehe, mache ich am späten Abend noch einmal weiter.

Wer oder was hat Sie zum Schreiben gebracht? Wollten Sie schon immer Autor/in werden?

Ich habe schon als Kind geschrieben (meine Freunde nannten es „Schreibwut“), wäre aber nie auf den Gedanken gekommen, gut genug zu sein, um davon leben zu können. Um es überhaupt zu versuchen. Da mussten mir sehr viele Menschen Mut machen, was zum Glück auch geschehen ist. Mein Talent fiel einigen Lehrern auf und auch mein Umfeld merkte, dass da vielleicht mehr ist als nur die besagte „Schreibwut“. Zunächst habe ich an Literaturwettbewerben teilgenommen, die ich zum Teil auch gewonnen oder bei denen ich das Finale erreicht habe. Dort wurde ich auch das erste Mal von Agenturen angesprochen und habe so irgendwann den Mut gefasst, es wirklich zu versuchen.

Wer ist Ihr Lieblingsschriftsteller?

Ähm. Also wieso werde ich immer nur nach einem gefragt? Das ist unmöglich zu beantworten und muss eigentlich nach Stimmung, Genre, Subgenre usw. differenziert werden. Eine unvollständige Liste:

Stephen King, Kerstin Gier, Fred Vargas, Kazuo Ishiguro, Banana Yoshimoto, Juli Zeh, Jussi Adler-Olsen, Leigh Bardugo, Tanja Dückers, Javier Marias, Jonathan Stroud

Was ist Ihr Lieblingsbuch?

Auch da ist die Antwort schwierig. Ich habe nicht das eine Buch. Als Kind hätte ich geantwortet: Die unendliche Geschichte! Als junge Erwachsene habe ich die Krimis von Elisabeth George verschlungen, sie hat mich zum Genre gebracht. Die Millennium-Trilogie von Stieg Larsson hat mir den Atem geraubt, „Schilf“ ist mein Lieblingsbuch von Juli Zeh, weil ich mit der Wendung niemals gerechnet hätte und vor Überraschung in einer vollbesetzten Trambahn sehr laut „NEIN!“ geschrien habe (etwas, das ich sonst eher vermeide). Stephen Kings „Es“ ist eines der besten und schönsten Bücher überhaupt über Freundschaft, Kindheit und die Macht der Fantasie und „Die Entdeckung des Himmels“ von Harry Mulisch wird immer einen besonderen Platz in meinem Herzen haben.

Haben Sie neben dem Schreiben noch Zeit für Hobbys?

Nein. Aber das liegt mehr an meinem Dreijährigen als an allem anderen!

Was lesen Sie gerade?

 Wenn ich schreibe, kann ich parallel kaum Bücher lesen, weil ich mir damit meine Erzählsprache verwässere. Ich kann Schreibstile sehr gut wechseln und kopieren, wenn ich ein gutes Buch lese, nehme ich automatisch die Erzählstimme des Autors an, was ein bisschen unpraktisch ist 🙂 Deshalb lese ich momentan nur wenig und höre Podcasts, bis ich fertig bin und mir dann wieder ein gutes Buch nehmen kann. Natrium Chlorid von Jussi Adler-Olsen steht als nächstes auf meiner Liste. Ich liebe die Carl Mørck-Reihe.

Wie stehen Sie zu Buchreihen? Sind Sie davon begeistert, oder mögen Sie lieber Einzelbücher?

Ich schreibe und lese lieber Reihen.

Welche/n Autor/in würden Sie gerne mal treffen? Welche Frage würden Sie stellen?

Stephen King würde ich wirklich gerne mal treffen. Dann würde ich ihn fragen, wovor er als Kind am meisten Angst hatte und ihn bitten, mir einen Witz zu erzählen.

Vielen Dank für das Interview und ich bin sehr gespannt, wie es mit den „Laubenpiepern“ aus der Harmonie weitergeht.

 

© Sonja Kochmann

© Sonja Kochmann

 

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Interview // Franziska Jebens – Die Liebe fällt nicht weit vom Strand

Angetan von dem Buch “Die Liebe fällt nicht weit vom Strand” habe ich im Internet ein bisschen nach der Autorin gestöbert. Unter www.franzsikajebens.de und www.amfeuerimwald.de bin ich fündig geworden. Auch bei Instagram ist die Autorin unter kaffeemitkaeuzchen zu finden. Über die Seite kam schnell ein Kontakt zustande und ich darf Euch hier ein kleines Interview präsentieren:

2018 Eden Books Franziska Jebens //  Franziska Portrait vor Holzwand // ©Nico Klein-Allermann

 

Wer oder was hat Dich zum Schreiben gebracht?

Meine Eltern und Großeltern haben mir als Kind viel vorgelesen und irgendwann habe ich selbst angefangen, Geschichten zu schreiben. Kurz bevor mein erstes Buch »Kaffee mit Käuzchen« veröffentlicht wurde, telefonierte ich mit meinem Vater, der mir berichtete, dass er zwei Kurzgeschichten von mir gefunden hätte – datiert 1988. In einer ging es um eine Robbe, die schweres durchmachen musste, in der anderen um den Pudel Maik. Ich hatte ganz vergessen, wie früh ich schon angefangen habe, mir Geschichten auszudenken und sie aufzuschreiben.
Ich habe dann wohl einfach damit weiter gemacht. Mal mehr, mal weniger.

 Woher kam die Idee für das Buch?

Meine berufliche Karriere hat in der Filmbranche begonnen. Genau wie Sophie, die Protagonistin aus »Die Liebe fällt nicht weit vom Strand«, habe ich am Empfang einer Filmfirma Anrufe durchgestellt, Versandetiketten ausgefüllt und Premiereneinladungen geschrieben.

Das war der Kern für die Geschichte, die dann schnell eine Eigendynamik entwickelt hat: viele Charaktere, ihre Hintergründe und weitere Nebenhandlungen haben sich währenddessen wie von selbst in meinen Kopf gezaubert.

Anhand meiner eigenen Lebensgeschichte habe ich außerdem erfahren dürfen, wie gut es ist, seiner Intuition, seinem Herzen zu folgen, Dinge loszulassen, die nicht zu einem passen und seine Träume wahr werden zu lassen. Auch wenn es manchmal sehr schwer ist, seine Ängste und Grenzen zu überwinden. Ich hatte Lust und das Bedürfnis, genau das in »Die Liebe fällt nicht weit vom Strand« anhand von Sophies Geschichte zu zeigen. Ich wollte gerne die persönliche Weiterentwicklung der Protagonistin mit einer, beziehungsweise gleich zwei Liebesgeschichten verknüpfen. Mit der romantischen Liebe zwischen zwei Menschen, aber auch mit der Liebe zu dem, was man am allerliebsten tut. Man könnte es auch Hingabe nennen.

Wieviel von Franziska hat Sophie oder eher umgekehrt?

Was wir auf jeden Fall hundertprozentig gemeinsam haben, ist die Leidenschaft fürs Kochen und die Liebe zum Meer. Ansonsten würde ich sagen, dass die Figur Sophie ein Schmelztiegel aus Teilen meiner eigenen Erfahrungen und Erlebnisse und meiner Beobachtungen bei anderen Menschen ist.

© Sonja Kochmann

Spielt das Buch an einem bestimmten Strand in Dänemark und gibt es Stavros Kreationen wirklich?

Ja, ich hatte einen bestimmten Strand vor Augen, an dem mein Mann Carsten und ich oft unterwegs sind. Dort habe ich selber auch schon mal in den Dünen ein Gläschen Champagner genossen :). Und Stavros Kreationen sind frei von mir erfunden und teilweise auch schon ausprobiert.

Wie lange dauerte das Schreiben?

Das kommt total drauf an. Das Schreiben an sich dauert gar nicht sooo lange, aber dann kommen ja noch die Bearbeitungen nach dem Feedback der Lektorin und die Verbesserungen, etc. dazu. Außerdem ist es für mich wichtig, dass die Texte zwischendurch auch mal ein bisschen liegenbleiben, damit ich Abstand zu ihnen gewinnen und sie danach besser beurteilen kann. Bei »Kaffee mit Käuzchen« und »Die Liebe fällt nicht weit vom Strand« hat es jeweils etwa ein knappes Jahr gedauert, bis die Bücher dann wirklich druckfertig waren.

Wolltest Du schon immer Autorin werden?

Als Kind auf jeden Fall – ich hatte sogar schon das richtige Schreibgerät. Nämlich eine knallgelbe Schreibmaschine von OLYMPIA. Dann kam ein bisschen das Leben dazwischen, u.a. in Form eines verfallenen 160 Jahre alten Forsthauses mitten im Wald, das Carsten und ich kauften und dann erst einmal zehn Jahre lang in mühevoller Eigenarbeit renovierten. Und als das geschafft war, habe ich mich wieder mehr dem Schreiben gewidmet.


2018 Eden Books Franziska Jebens // Franziska arbeitend im Garten // ©Nico Klein-Allermann

Wie kam es zum Forsthaus im Wald?

Carsten und ich haben vor dreizehn Jahren mitten in Hamburg gelebt und haben uns nach einem Ort gesehnt, an dem wir einfach mal zu Zweit und in Ruhe sein konnten. Durch einen Zufall sind wir dann auf ein völlig heruntergekommenes, 160 Jahre altes Forsthaus ohne Wasseranschluss, ohne Heizung und ohne einen einzigen Nachbarn gestoßen. Wir haben uns sofort in das Grundstück, den Wald und die Ruine unterm Blätterdach verliebt. Obwohl uns alle für verrückt erklärt haben, kauften wir das Haus. Zunächst eigentlich nur als Abenteuer-Spielplatz fürs Wochenende. Aber wir haben ziemlich schnell gemerkt, dass aus unserem romantischen Hide-Away ein Platz zum dauerhaften Leben werden sollte. Und so haben wir unser Leben in Hamburg Schritt für Schritt abgebaut und im Wald wieder aufgebaut. In »Kaffee mit Käuzchen – Unser Traumhaus im Wald« erzähle ich wie es dazu kam und wie wir zu regelrechten Waldschraten wurden :).

München, Tokio, New York, Hamburg, Nordsee – Du bist viel herumgekommen. Doch wo ist zu Hause?

Mein ‘Haupt-Zuhause’ ist im Wald, aber ich fühl mich auch auf Reisen sehr Zuhause. Carsten und ich verreisen meistens mit unserem Hund Schmiddie in unserem alten Landrover Defender und schlafen dann auch im Landy. Auf diese Weise entdecken wir die entlegensten Ecken Europas und da, wo unser Auto steht, sind wir in dem Moment halt auch Zuhause. Am liebsten dann am Meer!!

Der Verlag bezeichnet Dich als Romantikerin. Welche Bücher, Filme und Musik müssen sein?

Ich würde die Bezeichnung gar nicht nur an Büchern, Filmen und Musik festmachen. Romantikerin sein ist, denke ich, eine Lebenseinstellung. Für mich bedeutet es, sich zum Beispiel zu erlauben, zu träumen und seinem Herzen zu folgen, auch wenn die Träume und Wünsche, die man hat, sachlich betrachtet vielleicht unsinnig sind.

Zwei Filme, die ich extrem romantisch finde sind: »Unter der Sonne der Toskana« und »Zusammen ist man weniger allein«. »Alles Glück kommt nie« von Anna Gavalda ist ein sehr romantisches Buch, genau wie »Léon & Louise« von Alex Capus und den besten Love-Song haben natürlich Depeche Mode mit »Enjoy the silence« geschrieben.

Du hast auch einen Buchblog. Was liest Du gerade?

Gerade gelesen und auf www.dasmusstdulesen.de vorgestellt habe ich »Offene See« von Benjamin Myers.

Wie verläuft ein Arbeitstag bei Dir?

Ich stehe zwischen sechs und sieben auf und trinke auf der Hollywoodschaukel hinten im Garten erst einmal in Ruhe meinen Kaffee. Dann mache ich Sport und danach setze ich mich an den Schreibtisch. Manchmal schreibe ich gleich drauf los, aber meistens beantworte ich erst einmal Mails, bearbeite meine Websites, konzipiere mit Carsten zusammen Multivisionsshows und Lesungen, mache Akquise für Veranstaltungen und bespreche mit Carsten, was wir am Haus, im Wald, im Garten so machen müssen. Mittags gehe ich mit der Schmiddie ein Ründchen durch den Wald und nachmittags schreibe ich dann so lange bis ich müde werde. Abends lassen wir dann gern den Tag mit einem Feierabenddrink am Lagerfeuer ausklingen.

Welche/n Autor/in würdest Du gerne mal treffen? Welche Frage würdest Du ihm/ihr stellen?

Alle, deren Bücher ich gern lese. Ich würde sie u.a. nach ihren Wünschen und Träumen fragen, danach wie sie als Kind waren, was sie am liebsten schreiben und warum und in welchen Momenten sie am glücklichsten sind.

Schreibst Du schon an einem neuen Buch und kannst etwas verraten?

Na klar!! Es wird voraussichtlich im nächsten Frühjahr erscheinen, aber mehr verraten wird jetzt noch nichts :)!

Vielen Dank für das Interview und ich bin jetzt schon gespannt auf Dein neues Buch, zu dem ich sofort greifen werde, wenn es erscheint.

 

 

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Interview // Sandra Lüpkes – Die Schule am Meer

Das neue Buch von Sandra Lüpkes “Die Schule am Meer” ist gerade erschienen. Leider sind die teilweise ausverkauften Lesungstermine sind auf unbestimmte Zeit verschoben. Dennoch durfte ich Sandra Lüpkes interviewen…

Sie kommen selbst von der Insel Juist, wieviel von Martin Luserke und seiner Schule am Meer ist Ihnen schon vor der Recherche bekannt gewesen?

Die Allermeisten auf der Insel wissen, dass es diese Schule gegeben hat, einige Gebäude stehen ja noch, dort sind jetzt die Jugendherberge und das Küstenmuseum untergebracht. Doch das Schicksal der Schule wurde mitunter nur kurz umrissen: Sie wurde irgendwann in den 1920ern gegründet, viele der Lehrer und Schüler waren prominent, dann musste sie nach ein paar Jahren wieder geschlossen werden, weil es finanzielle und auch politische Schwierigkeiten gab. Das war’s.

Zur Verfügung gestellt von Sandra Lüpkes: Von April bis Oktober war das morgendliche Bad in der Nordsee Pflicht für Schüler und Lehrer

 

Wie kam es dann zu diesem historischen Buch?

Bei einer Lesung im Herbst 2017 im Küstenmuseum habe ich eine Schautafel über die „Schule am Meer“ gesehen und mich das erste Mal gefragt, was für Menschen das eigentlich genau gewesen sind, die all ihr Wissen, ihre Energie, ihr Geld in dieses Internat gesteckt und es ausgerechnet an einem so wenig bequemen Ort wie Juist errichtet haben. Und wie erging es diesen Idealisten, nachdem ihre Vision gescheitert war. Da hatte mich das Thema gepackt.

Zur Verfügung gestellt von Sandra Lüpkes: Das Schulschiff wird zum Wattenmeer gebracht, das Mädchen mit den Zöpfen ist Annis Tochter Renate

 

Wie wurde recherchiert?

Der Museumsleiter Jochen Büsing, den ich noch aus Schulzeiten kenne, hat mich sehr unterstützt und mir erlaubt, im Archiv zu stöbern. Es gibt sehr viele Zeitzeugnisse, Memoiren von Lehrern und Schülern, Zeitungsausschnitte, unzählige Fotos. Doch am spannendsten war das sogenannte Logbuch, ein mehr als 700 Seiten umfassender Schulbericht, in dem täglich das Wetter, die Windrichtung, aber auch Anekdoten, Beschlüsse und vieles mehr notiert wurde. Doch ab der Mitte des Romans wurde mir klar, dass ich auch dringend recherchieren muss, was aus der jüdischen Lehrerin Anni Reiner wurde, eine meiner Hauptfiguren, über die im Logbuch leider nur wenig zu lesen ist. Glücklicherweise fand ich ihre jüngste Tochter Karin, die inzwischen 87jährig in der Nähe von Zürich lebt. Wir haben in einer längst vergessenen Ecke tatsächlich noch viele Briefe entdeckt, die Anni Reiner in den 1930er Jahren an ihre Töchter geschrieben hat.

Zur Verfügung gestellt von Sandra Lüpkes: Eduard Zuckmayer lebte für die Musik, mit dem schuleigenem Orchester und dem Chor wurden mehrfach im Jahr Konzerte anspruchsvolle gegeben

 

Wie schwer war es die realen Personen (z.B. Martin Luserke, Eduard Zuckmayer, Paul und Anni Reiner, Walter und Gisela Jockisch) mit literarischem Leben zu füllen?

Martin Luserke, über den mit Abstand am meisten bekannt ist, hat in meinem Roman keine eigene Perspektive, wir erleben diesen sehr ambivalenten Charakter also nur aus der Sicht seiner Mitmenschen. Das hat es mir vereinfacht, seine Entwicklung in die rechte Richtung zu schildern. Eduard Zuckmayer war mir von Anfang an irgendwie sehr nahe, wahrscheinlich weil uns die Liebe zur Musik eint. Über ihn steht viel in der Autobiografie seines berühmten Bruders Carl, auch wenn dieser einige Dinge überdramatisiert hat, wie ich wiederum durch eine Filmdokumentation erfahren habe. An Anni Reiner musste ich viel feilen, denn sie zwar Mutter und Ehefrau und Idealistin, aber eben keine liebliche Frauenfigur. Von Anfang an hab ich gespürt, dass ich sie nicht so gefühlsduselig erzählen darf. Und ihre Nachfahren haben es mir schließlich bestätigt: Anni war zwar warmherzig, aber auch sachlich, sie handelte lösungsorientiert, selbst in den schlimmsten Schicksalsmomenten. Ihre innere Zerrissenheit schimmerte wenn überhaupt, dann nur ganz sachte durch.

Zur Verfügung gestellt von Sandra Lüpkes: Im Sommer 2019 traf Sandra Lüpkes Karin Reiner, die Tochter ihrer Romanheldin, beide hatten sich viel zu erzählen

 

Welcher Schüler liegt ihnen besonders am Herzen und warum?

Ganz klar: Moskito, der eigentlich Maximilian Mücke heißt und von seinen Eltern, die in Bolivien leben, ins Internat nach Deutschland geschickt wird. Mit ihm gehen wir durch die neun Jahre, die diese Schule existiert hat. Von der Sexta bis zur Oberprima. Wir werden mit ihm erwachsen, erleben Abenteuer, die erste Liebe, das Zerbrechen einer Freundschaft und die Versöhnung. Moskito ist fiktiv, jedoch setzt er sich aus verschiedenen Schülern zusammen, deren Jugenderinnerungen ich gelesen habe.

 

Auf den ersten Blick ist das Buch eine Internatsgeschichte. Lehrer mit eigenen Sorgen, Nöten und Idealen treffen auf ihre Schützlinge, die ihre eigene Geschichte mit auf die Insel bringen und sich nach und nach entfalten. Es hat mich ein bisschen an meine Lieblingsgeschichten von früher erinnert: Hanni und Nanni, Dolly, Burg Schreckenstein (nur erwachsener thematisiert)…haben Sie diese Bücher früher auch gelesen?

„Hanni und Nanni“ lag natürlich auch auf meinem Nachttisch. Jedoch war ich selbst mal ein Jahr auf einem Internat. Da es auf Juist kein Gymnasium gibt, bin ich mit 15 auf’s Festland in eine Heimschule extra für Inselkinder. Dort kollidierte dann die Romantik mit der Realität, ich hab es nur ein Jahr ausgehalten und bin dann mit meinem älteren Bruder in eine WG gezogen. Allerdings hatte ich während meiner Internatszeit den besten Deutschlehrer überhaupt, noch heute stehen wir in Kontakt.

 

Die Seele der Küche Kea hat einiges zu bieten. Welche Gerichte haben Sie selbst davon schon einmal gekocht/gegessen?

Grünkohl, das Gericht, mit dem Kea sich in die Herzen der Schulleitung gekocht hat, ist eine meiner Spezialitäten. Auch Klütje mit Birnen und Vanillesauce habe ich früher, als meine Kinder noch klein waren, gern gekocht. Und wenn ich jetzt an Neujahrskuchen denke, möchte ich gleich mein Waffeleisen rausholen … Also: Ja, ich liebe die ostfriesische Küche und hab die Kea-kocht-Szenen knallhart recherchiert 😉

Zur Verfügung gestellt von Sandra Lüpkes: Im Eiswinter 1928/29 landeten die Versorgungsflieger am Juister Strand, später stellte sich heraus, dass es sich dabei um eine geheime Militärstaffel gehandelt hat

 

Wie fühlt man sich als Autor, wenn man eine solche Szene wie die Bücherverbrennung schreibt?

Auch das ist so ein Thema, dem ich mich erst durch die Arbeit an diesem Roman wirklich genähert habe. Was bedeutet es, wenn die Obrigkeit darüber entscheidet, welche Bücher gelesen werden sollen – und welche zerstört werden müssen. Denn es heißt ja: Welche Geschichten darf es geben – und welche nicht. „Berlin Alexanderplatz“,  „Im Westen nichts Neues“, die Werke von Ringelnatz und Tucholsky – noch heute aktuell und weise, doch wenn es nach den Nazis gegangen wäre, hätten wir keine Erinnerung mehr daran. Ist das nicht furchtbar?

Ohne zu Spoilern, hat mich Moskitos Schicksal mit nur einem kleinen Wort getroffen und mich traurig das Buch beenden lassen. Musste dies als literarische Mahnung sein?

Es ist schwer, spoilerfrei darauf zu antworten. Aber soviel: Die Welt stand damals am Abgrund, ohne es zu wissen. Die Eltern und Lehrer haben viel investiert, um ihren Kindern ein gutes Leben zu ermöglichen – und dann mussten sie diese in den Krieg schicken. Das ist vielleicht tatsächlich eine Mahnung: Wir wissen nicht, was kommt. Aber wir wissen, was gewesen ist. Deshalb sollten wir wachsam bleiben.

Eigentlich hätten die ersten Lesungen zu dem Buch stattfinden sollen (auch meine Karte hängt leider ganz verloren an der Pinnwand), verraten Sie uns ein bisschen, was uns auf der Lesung erwarten wird, wenn wir alle wieder ins öffentliche Leben zurückkehren dürfen…(Musik? Fotos?)

Ja, genau heute (26.3.2020) hätte bei meiner Lieblingsbuchhandlung „Leuenhagen & Paris“ die Buchpremiere stattgefunden. Es ist so schade, dass nun alles ausfällt beziehungsweise auf ungewissen Zeit verschoben wurde. Abgesehen von einer unbändigen Vorfreude hätte ich meinen Beamer mitgebracht und dem Publikum neben den Lesepassagen Fotografien gezeigt. Historische und aktuelle gleichermaßen, denn die Arbeit an diesem Buch ist im Grunde genau so spannend wie der Roman selbst. Daran hätte ich die Leser*innen gern teilhaben lassen. Aber Kopf hoch, es wird schon werden! Bis dahin bleibt Zeit zum Lesen oder – in meinem Fall – über einen neuen Roman nachzudenken …

© Sarah Koska

 

Vielen Dank für das Interview und ich werde hoffentlich bald von der Lesung in Hannover berichten können.