Vor einigen Tagen hatte ich erneut das Vergnügen eine Lesung von Andreas Winkelmann zu besuchen. Seine Bücher habe ich erst vor einiger Zeit entdeckt, so dass ich tatsächlich noch nicht alle kenne. Kerner und Oswald sein Ermittlerteam aus Hamburg verfolge ich allerdings schon von Anfang an, so dass ich mich sehr auf den Abend in der Apostelkirche gefreut habe. Eine Kirche? Für einen Leseabend mit einem Thrillerautor? Aber klar doch. Wer schon einmal dort war, weiß, die Akustik und die Atmosphäre sind darin großartig. (Kirchturmglockengeläut an genau den richtigen Stellen…)
Andreas Winkelmann meinte zu Beginn des Abends lediglich, wenn wir kein Problem damit hätten, dann hätte er es auch nicht. Hatten wir nicht. Es war ausverkauft und die Buchhandlung Leuenhagen und Paris hat den Abend mit den leider immer noch notwendigen Hygieneregeln hervorragend organisiert. Nachdem die Lesebrille mit den zwei vergangenen harten Wintern erklärt wurde und begann der Abend mit dem mörderischen Prolog.
© Sonja Kochmann
An dieser Stelle sinnierte der Autor darüber, was wohl seine Mutter zu der Szene sagen würde. Immerhin habe er Spaß beim Schreiben und das lasse tief blicken. Naja, das Ganze erübrige sich, da diese seine Bücher nicht lese und auch nicht zu seinen Lesungen komme. Dies finde ich eigentlich sehr schade, denn der Thriller ist ja gar nicht allein Bestandteil des Abends, sondern auch der Autor selbst.
Inspiration für die beinah lustige „Fuss-Szene“ im Buch ist übrigens der Fall Gerwald Claus-Brunner. 2016 brachte der Politiker der Piratenpartei seinen Bekannten um und transportierte die Leiche 11 Kilometer (!) quer durch Berlin auf einer Sackkarre. Auch die Szene mit dem ausgestochenen Auge ist leider eine wahre Begebenheit, die der Autor selbst miterlebt hat. Es zeigt sich, dass die Realität manchmal grausiger ist, als die Phantasie der Thrillerautoren ….und manchmal rächen sich die Fans auch und versuchen die Autoren reinzulegen…. eine Geschichte, die Ihr Euch unbedingt mal selbst von Andreas Winkelmann oder Arno Strobel erzählen lassen müsst.
Aber es wurde auch Corona thematisiert. Die Pandemie findet in einer Szene Erwähnung, um die besondere Belastung der Polizei und die aggressive Stimmung mancher Gruppen gegenüber polizeilichen Anordnungen darzustellen. Ich fand dies gelungen, es hätte aber auch nicht mehr sein dürfen. Allerdings erzählte Andreas Winkelmann, dass er diesbezüglich einiges an Kritik einstecken musste, man wolle schließlich beim Lesen Entspannen! Er lachte nur (fast diabolisch) und zog eine Augenbraue hoch: „….mit meinen Büchern.“
Wer es sich mit dem Autor übrigens verscherzt, dessen Name könnte schnell Teil des mörderischen Gesamtwerkes werden und so finden sich der hartnäckige Autoverkäufer und der ehemalige humorlose Hausarzt auch in der Handlung wieder. Wer weiß, wer noch?
Andreas Winkelmann ist auch in anderen Bereichen sehr fleißig gewesen. So hat zum Beispiel in Köln bei Team Escape nach seiner Idee ein Thriller-Escape-Room mit dem Titel „Am seidenen Faden“ eröffnet. Da für mich leider Köln nicht gerade um die Ecke liegt, habe ich mich gefreut, zu hören, dass auch in Bremen so ein Escape Room eröffnen wird.
Das Buch „Wilder wird’s nicht“ mit Markus Knüfken (s. Bericht zur Lesung) wird auch eine Fortsetzung bekommen. Obwohl Andreas Winkelmann noch nie länger als zwei Stunden Fahrrad gefahren ist, wollen die beiden eine Route von 7000 km entlang der Nord- und Ostsee mit zwei Lastenebikes radeln und Plastikmüll sammeln. Ziel ist es Geld für den guten Zweck zu sammeln. Ich bin gespannt, in den nächsten Wochen und Monaten dürften wir mehr über Social Media erfahren.
Danach wurden wir mit folgenden geschickt platzierten Worten in den Abend entlassen:
„Kommen Sie gut nach Hause
allein
in die Dunkelheit….“
© Sonja Kochmann