Rezension

Rezension // Martina Rosenberg – Mutter, wann stirbst du endlich

Die Autorin berichtet vom Zerfall eines normalen Familienalltages: Durch eine Demenzerkrankung, Depressionen und einem Schlaganfall werden beide Eltern zum Pflegefall und damit zur Zerreißprobe für sie als Tochter, Schwester, Mutter und Ehefrau.

Dies ist kein Buch, zu dem man zur Unterhaltung greift. Denn das Thema ist nicht gesellschaftsfähig. Man redet nicht bei Kaffee und Kuchen über das Alter, die Erkrankungen, Pflegebedürftigkeit und den Tod. Dies macht es auch für Betroffene so schwer. Denn Verständnis und Unterstützung muss man sich suchen und bekommt es nicht einfach angeboten.

Warum ich dieses Buch freiwillig gelesen habe? Ich bin betroffen. Beide Elternteile. Inzwischen habe herausgefunden, dass es so nicht weitergehen kann. Ich habe bereits einiges an Hilfe und Unterstützung gefunden und habe – trotz des schlechten Gewissens – zu diesem Buchtitel gegriffen. Denn irgendwie fühlt man sich nicht gut dabei, so etwas über die eigenen Eltern zu denken.

Die offene Schreibweise der Autorin sorgte beim Lesen dafür, dass ich mich schnell mit ihr verbunden fühlte. Es waren in den ersten Kapiteln noch fast lustige Situationen, in denen die Eltern Dinge eingefordert haben, die sich bei mir genauso abgespielt haben. Leider werden diese Situationen zu “Krafträubern”. Nettigkeiten verschwinden. Es wird nur noch kritisiert oder sogar die eigene Tochter gegenüber Fremden schlecht gemacht.

Es ist erstaunlich, dass sich bei den identischen Krankheitsbildern die gleichen Situationen ergeben, die die Pflegenden “kaputt machen”. Wie schrieb die Autorin so passend: Welches Recht haben Eltern dazu?

Dieses Buch hilft zu verstehen, dass es Erkrankungen gibt, bei der der Erkrankte sich selbst isoliert, keine Hilfe von Externen wie z. B. einem Pflegedienst oder einer Haushaltshilfe annehmen will und schließlich Situationen erfindet bzw. hervorruft, um im Mittelpunkt zu stehen.

Krankenversicherungen, Behörden und Ärzte sorgen für zusätzliche Belastungen mit Tonnen an Formularen, Gutachten und Fristen.

Der Pflegende wird ausgenutzt und seine Tätigkeit als selbstverständlich empfunden – vom Erkrankten und vom Umfeld -. Wenn dieser dann gesundheitliche Einbußen erfährt, ist es fast zu spät, um auf Distanz zu gehen.

Die Autorin schrieb u.a., dass sie ihre Eltern durch die Krankheit bereits vor einiger Zeit verlassen haben. Diese Erkenntnis ist schwer zu bekommen. Daher empfehle ich dieses Buch allen, die ein oder zwei pflegebedürftige Eltern oder nahe Verwandte haben. 10 von 10 Punkte für diese mutige Unterstützung in Buchform.

Verlag: Blanvalet:
erschienen: 2012
Seiten: 256
ISBN: 978-3764504687

 

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