Lesung

Lesung // Michael Tsokos – Die Klaviatur des Todes

Nachdem ich auf der Buchmesse in Leipzig bereits Michael Tsokos zusammen mit Sebastian Fitzek im Autoreninterview erleben durfte und ich spontan zum Buch “Die Klaviatur des Todes” gegriffen habe, habe ich mich besonders auf die Lesung am 30.05.2013 gefreut.

Was ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste: sie wäre beinah ausgefallen. Denn Michael Tsokos hat sich einen Archillessehenriss zugezogen und humpelte mit Krücken und Orthese zu Lesung.

Die Begrüßung fiel dennoch locker und lustig aus, denn Herr Tsokos, der aufgrund der warmen Orthese eine Shorts trug, entschuldigte sich bei den ersten zwei Reihen für seine unrasierten Beine und meinte, die Verletzung sei echt: “Wenn der Fitzek hier wäre, wäre alles nur Show…”

 

© Sonja Kochmann

Nach dieser amüsanten Einleitung erzählte eine Mitarbeiterin von Hugendubel, dass Herr Tsokos vor und neben seiner eigentlichen Tätigkeit als Rechtsmediziner in deutschen Kliniken (Hamburg und aktuell Berlin) auch Massengräber im Kosovo ausgehoben und in Thailand nach dem Tsunami mitgeholfen habe.

Er selbst erzählte von seiner umfassenden Tätigkeit in Berlin, da aufgrund der hohen Einwohnerzahl jährlich über 2000 Fälle in die Rechtsmedizin gelangen (Vergleich in Hamburg sind es ca. 200 Fälle jährlich). Zu den “laufenden” Fällen kommen dann noch täglich ein “blauer Sack” Knochen hinzu, die aufgrund der Bautätigkeiten in Berlin gefunden werden. Hierbei handelt es sich neben den bestatteten Haustieren leider auch um deutsche und russische Soldaten aus dem zweiten Weltkrieg, so dass eine enge Zusammenarbeit mit der deutschen Kriegsgräberfürsorge statt findet.

Nach dieser Einleitung wurde ein Fall aus dem aktuellen Buch vorgetragen. Passend dazu wurden ein paar Fotos gezeigt, die ich persönlich sehr interessant aber harmlos fand. Einige Damen hinter mir mussten schon ein wenig japsen, so dass Herr Tsokos schließlich fortfuhr: “Jetzt atmen wir richtig durch und fangen richtig an.”

 

© Sonja Kochmann

Vorgetragen wurde ein stückchenweiser Leichenfund in den Gewässern und in der Umgebung von Berlin: Der Puzzlemörder. Beim Lesen unterbrach sich Tsokos selbst und meinte grinsend: “Aber die Hannoveraner sind ja durch die Maschseeleichen abgehärtet.”

Zur Veranschaulichung der zahlreichen Wunden und der Zerstückelung wurden die 3 D Bilder des neuen Computertomografen gezeigt. Diese eignen sich hervorragend für Schöffengerichte etc., da hier kein Blut oder ähnliches den Laien ablenkt. Der Kopf wies so viele einzelne Hieb- und Stichwunden auf, dass die Obduktion des Kopfes allein über 7 Stunden dauerte!

Der Computertomograf wurde übrigens durch Tsokos und seine Mitarbeiter durch 10 Paletten Überraschungseier umfassend getestet und es ist NICHT in jedem 7. Ei eine Figur!

 

© Sonja Kochmann

In der allgemeinen Fragerunde wurde der Autor und Rechtsmediziner gefragt, was ihn an seiner Arbeit am meisten stören bzw. berühren würde. Er antwortete ganz ehrlich, dass mit zunehmenden Alter und zunehmender Kinderzahl (11, 7, 4, 3 und 1/2 Jahre) er Probleme damit habe, ein Kind zu untersuchen. Denn wenn ein Kind sterbe, sei ein Erwachsener Schuld  Ich muss zugeben, dieser Satz hat mich als Mutter, noch während der Lesung sehr nachdenklich gemacht. So sollten viel mehr Menschen denken und Verantwortung übernehmen. Gleichzeitig wies er darauf hin, dass er selbst zum Beispiel nicht auf einer Station für krebskranke Kinder, als Polizist oder in einem Hospiz arbeiten könne.

Privat schaut er sich tatsächlich noch gern Krimis an und ist auch so nett und verrät seiner Frau nicht den Mörder! Hier werden die Tatortteams aus Münster, Köln und Frankfurt bevorzugt. CSI habe viel für das Verständnis in der Öffentlichkeit getan, sei aber nicht sein Fall.

Als lustige Anekdote erzählte Herr Tsokos noch vom Besuch einer Lesung  bei der der Autor seine Besucher nach der Kleidung in Berufsgruppen eingeteilt habe. Um nicht weiter auf zu fallen, benannte er sich selbst “nur” als Arzt. Leider erlitt Minuten später ein Besucher der Lesung einen Herzanfall und er wurde erwartungsvoll von allen angeschaut. Gott sei dank, gelang es ihm, den Mann wieder zu beleben und dieser hatte auch als einer der ersten Patienten in seinem Leben, die Chance sich bei ihm zu bedanken.

 

© Sonja Kochmann

Die Lesung schloss mit einer Signierstunde und ich nutzte die Gelegenheit, die Sonderausgabe mit seinen beiden früheren Sachbüchern signieren zu lassen. Ich fand den Abend – trotz des ursprünglich als “schwere Kost” eingestuften – Themas lustig und spannend und wünsche Herrn Tsokos “Gute Besserung” und “Viel Spaß” bei der Lektüre von Dan Browns Inferno.

 

© Sonja Kochmann

You Might Also Like

No Comments

Leave a Reply

CAPTCHA