Interview

Interview // Olga A. Krouk

Copyright: Henriette Mielke, Style/Design: Svitlana Cherner
Schon lange kämpft an der Bücherfront Olga A. Krouk auf der Seite der deutschsprachigen Autoren und Sie ist nicht mehr weg zu denken. Wer an verschiedenen Stellen der Buchhandlung auf diesen Namen stößt, muss sich nicht wundern, denn sowohl im Genre Fantasy und Romantic Thrill (z.B. Im Visier des Todes) hat sich die Autorin niedergelassen. Ich habe nachgefragt:

Wer oder was hat Sie zum Schreiben gebracht? Wollten Sie schon immer Autor/in werden?

Ich kann mich noch daran erinnern, wie ich in der dritten Klasse Märchen für meine Mitschüler geschrieben habe. Mit 15 konnten meine Ambitionen durch nichts gebremst werden, auch nicht durch das gemeine Gekritzel „doofe Story, alles total blöd“ hinten im Heft mit den Geschichten. Völlig überzeugt von meinen Talenten, habe ich mit meinem Bruder eine Wette abgeschlossen: Wenn ich bis zu meinem 50. Lebensjahr 5 Bücher veröffentliche, zahlt er mir 50.000 Rubel.

Heute sind die Geschichten besser geworden, das Feuer brennt jedoch genauso stark wie damals.

Wie schreiben Sie? Wie verläuft ein Arbeitstag bei Ihnen?

Mein Alltag wird von zwei kleinen Monstern beherrscht, die ich noch mehr liebe als meine Geschichten. Geschrieben wird abends, wenn Ruhe einkehrt und ich in den Roman versinken kann, wo mir dann ganz andere Monster diktieren, wo es lang geht 🙂

In der Freizeit wird gelesen oder mit meinem Mann gekuschelt – manchmal kommen so die besten Ideen, wenn man sie nicht erwartet oder erzwingt.

Deutsch ist nicht Ihre Muttersprache. Wenn Sie eine Geschichte/Szene im Sinn haben, denken Sie da deutsch oder russisch?

Jede Übersetzung, auch wenn sie von einem selbst angefertigt ist, würde den Ton der Geschichte verfälschen. Deshalb schreibe ich deutsch. Auf Russisch könnte ich vermutlich keinen verlagstauglichen Roman verfassen, da müsste ich mit dem Lernen des Schreibhandwerks von vorne beginnen.

Ich weiß nicht, ob ich mir die Übersetzung meiner Bücher ins Russische wünschen oder eher hoffen sollte, dass dies nie passiert. Grusel-Szenario: Man merkt, wie die eigene Geschichte einen völlig fremden Ton bekommt.

Sie kommen in vielen Danksagungen deutscher Autoren vor. Mit welchen Autoren tauschen Sie sich regelmäßig aus?

Das sind sehr viele, weil ich Mitglied im Autorenforum „Montségur“ bin. Einige sind nicht nur Kollegen, sondern inzwischen gute Freunde geworden. Diesen Austausch möchte ich nicht mehr missen, denn er bereichert mich ungemein. Regelmäßigen Kontakt pflege ich unter anderem mit Stefanie Ross, Claudia Brendler, Sabrina Qunaj, Barbara Slawig, Jeanine Krock – die Liste könnte jetzt ziemlich lang werden …
Man findet Ihre Bücher im Sortiment verschiedener Verlage und auch mit verschiedenen Genres (Fantasy, Thriller). Wollen Sie zukünftig auch in verschiedenen Genres Bücher schreiben?

Ich mag es, Neues auszuprobieren, mich neuen Herausforderungen zu stellen. Wenn sich mir eine Gelegenheit bietet, über den Tellerrand zu schauen, – warum nicht?

Mit den nächsten Romanen kehre ich wieder ins fantastische Genre zurück. 2014 wird im Verlag Lübbe-Baumhaus ein Romantasy-Jugendbuch von mir erscheinen. Es geht um ein Mädchen, das in den Schatten anderer Menschen die Zukunft lesen kann. Bis sie einen Jungen trifft, der gar keinen Schatten hat …

Voraussichtlich im selben Jahr kommt ein Kurzroman mit meiner Interpretation von „Dornröschen“ bei Ubooks heraus. Es bleibt also spannend, wohin es mich noch verschlagen wird 🙂

Wie stehen Sie zu Buchreihen? Sind Sie davon begeistert, oder mögen Sie lieber Einzelbücher?

Schreibenderweise würde ich über eine Trilogie vermutlich nicht herauskommen, sollten die Bücher „am Stück“ geschrieben werden. Bis jetzt habe ich in meinen Reihen in jedem Band ein anderes „Pärchen“ genommen – ich brauche Abwechslung, auch was das Setting angeht. Außerdem mag ich es, wenn Romane dicht miteinander verflochten sind. Es ist schwer, einen band-übergreifenden Spannungsbogen aufrecht zu halten, wenn er über eine große, vorher vielleicht nicht festgelegte Anzahl von Bändern geht.

Lesenderweise werde ich schnell „reihen-müde“. Ich glaube, „Stadt der Finsternis“ von Ilona Andrews ist bis jetzt die einzige Reihe, bei der ich auch nach dem fünften Band drangeblieben bin.

© Sonja Kochmann
Wie lange dauerte es, bis Sie einen Verlag für Ihr Buch gefunden haben?Wo sollte die Zählung beginnen? 🙂

Wenn ich das Schreiben meiner ersten Geschichten berücksichtige … 17 Jahre.

„Ernsthaft“ schreiben zu lernen, begann ich 2001, als ich nach Deutschland gekommen bin. Das wären dann die übersichtlichen 6 Jahre bis zur ersten Romanveröffentlichung.

Ganz cool könnte ich auch antworten: gar nicht. Im Forum „Montségur“ habe ich meine Verlegerin Martina Campbell kennengelernt. Sie hat damals gerade ihren „Sieben-Verlag“ gegründet und suchte nach Autoren, mit denen sie starten könnte. Ich habe ihr mein Konzept vorgestellt und die Idee gefiel ihr auf Anhieb … So kam es dazu, dass ich mich zum ersten Mal getraut habe, mich Autorin zu nennen.

Wer ist Ihr Lieblingsschriftsteller?

Diese Frage ist schwer zu beantworten. Es gibt viele wunderbare Schriftsteller, die in ihrem Gebiet absolut spitze sind. Ich könnte Ilona Andrews nicht mit Lisa-Marie Dickreiter vergleichen. Sie widmen sich unterschiedlichen Themen, haben einen unterschiedlichen Stil und legen ganz unterschiedliche Schwerpunkte. Bei mir ist es eher so, dass ich in jedem Genre meine „Lieblinge“ habe:

Chick-Lit: Claudia Brendler – sie ist bis jetzt die Einzige, die mich wirklich zum Lachen bringt;

Fantasy: Jennifer Benkau – bei ihr kann es auch um Vampire gehen, ich werde es lesen;

Historisches: Martina Sahler – nach „Weiße Nächte, weites Land“ kann ich kaum erwarten, einen neuen Roman aus ihrer Feder zu lesen. Übrigens, auch in Sachen „Mädchenunterhaltung“ steht sie bei mir auf Platz 1;

Anspruchsvolle Literatur: Lisa-Marie Dickreiter, für ihre sprachliche Virtuosität, und Heiko Wolz – ich hoffe, er macht irgendwann wieder einmal etwas skurriles für Erwachsene;

Romantic Thrill – da ist Stefanie Ross für mich die absolute Queen (Pst! Ich glaube, sie schreibt ihre Bücher absichtlich direkt für mich, sonst kann ich mir nicht erklären, warum sie alles erhalten, was ich so liebe!);

Jugendbuch: Thomas Finn, für seinen Ideenreichtum und seine „leichte Feder“, für Drachen, Däumlinge, Klabautermänner und, und, und …;

Krimi: Åsa Larsson, für die unglaubliche Tiefe, mit der sie ihre Geschichten erzählt;

Klassik: Lev Tolstoi, für seine durch und durch russische Seele, mit der er seine Bücher geschrieben hat;

… okay, okay, vermutlich sollte ich langsam auf den Punkt kommen, und hier ist er: .

Was ist Ihr Lieblingsbuch?Genauso wie ich viele Lieblingsschriftsteller habe, habe ich sehr viele Lieblingsbücher. Ich mochte „Seide“ von Alessandro Baricco sehr gern. So gern, dass ich mich nicht traue, noch etwas von ihm zu lesen, weil ich glaube, ich würde unweigerlich enttäuscht werden. Ich war hin und weg von „Magisches Blut“ von Ilona Andrews; „Vom Atmen unter Wasser“ von Lisa-Marie Dickreiter hat mich nachhaltig bewegt und mir den Zugang zu einer völlig neuen Welt von Büchern geöffnet; „Erebos“ von Ursula Poznanski – spannend, spannend, da braucht man nicht viel mehr dazu zu sagen; „Die Auswahl“ von Ally Condie – umso ernüchternder war die Bruchlandung mit „Die Flucht“; „Eine Liebe fürs ganze Leben“ von Viktorija Tokarjewa für die Klarheit, mit der sie diese Geschichte erzählt hat; „Die Zeit der Gespenster“ von Jodi Picoult für ihren Mut, so eine Geschichte so zu erzählen, und so weiter und so fort … man könnte glauben, mir wären die Punkte ausgegangen 🙂

Haben Sie neben dem Schreiben noch Hobbys?Da ich mein größtes Hobby – das Schreiben – zu meinem Beruf gemacht habe, bleibt da nicht viel übrig. Ich glaube, ich muss jetzt etwas total banales nennen: Lesen.

Was lesen Sie gerade?

Gerade genieße ich in der Sonne auf unserem Rasen „Enders“ von Lissa Price.

Copyright: Krouk
Wie stehen Sie zum Ebook?In der Welt der Selfpublisher ist es schwer, qualitative Bücher zu finden. Nicht alle können sich ein professionelles Lektorat leisten, und das merkt man den Texten deutlich an.

Ebooks von etablierten Verlagen finde ich schlichtweg überteuert. Wenn ich für ein Ebook fast genauso viel wie für ein Taschenbuch zahlen soll, dann entscheide ich mich doch lieber für ein Taschenbuch.

Welche/n Autor/in würden Sie gerne mal treffen? Welche Frage würden Sie stellen?

Oh, im Juni muss ich unbedingt wieder einmal Stefanie Ross treffen. Ich würde sie zu einem Grillabend einladen, sie betrunken machen, und während sie unzurechnungsfähig ist, würde ich ihr die Printausgabe von „Luc – Fesseln der Vergangenheit“ klauen.

Auf keinen Fall darf ich mit ihr darüber sprechen, wie gut ich den Roman als Ebook fand und wie gerne ich ihn in der Printform neben seinem kleinen Bruder „Jay“ stellen würde. Das Thema „Wetter“ dagegen könnte ihre Aufmerksamkeit so weit einlullen, dass mein Coup tatsächlich gelingen könnte …

Vielen Dank für das Interview.

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