Interview

Interview // Doris Cramer

In den vergangenen Tagen habe ich
Das Leuchten der Purpurinseln von Doris Cramer
gelesen und war begeistert. Also stöberte ich ein bisschen im Internet und wurde neugierig auf die Autorin. Ein kurzer und sehr netter Mailkontakt brachte dieses tolle Interview hervor. Viel Spass:

 

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Sie haben selbst den Beruf der Buchhändlerin gelernt.
Wie verhalten sie sich, wenn sie eine Buchhandlung betreten? Stöbern Sie oder
lassen Sie sich gern beraten?
 
Zunächst: Als „gelernter Bücherwurm“ muss
ich mich immer zurückhalten, nicht die schief liegenden Bücher auf den Tischen
der Buchhandlung gerade zu rücken…
J     


Aber im Ernst: Es gibt eine schnuckelige,
kleine Lieblingsbuchhandlung in der Nähe,
dort rufe ich an und bestelle, was ich brauche. Amazon & Co.? Nicht
mit mir!  



Darüber hinaus stöbere ich
gern, ganz besonders in den Buchhandlungen anderer Städte oder auch im Ausland.
Von einer Reise mit der Transsibirischen Eisenbahn in den 1980er Jahren habe
ich zum Beispiel einmal einen ganzen Koffer mit wunderschönen deutschsprachigen
Klassikerausgaben aus Irkutsk und St. Petersburg mit nach Hause geschleppt.  Was für Schätze, aber auch: Was für ein
Geschleppe!!!
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Ich habe seit der 1. Klasse einen Büchereiausweis und
war wirklich traurig als meine Bibliothekarin in Rente ging. Sie waren auch 27
Jahre lang Bibliothekarin. Was vermissen Sie? Hatten Sie auch eine besondere
Bindung zu den Stammkunden der Bibliothek?
Stammleser sind für öffentliche Büchereien
das Salz in der Suppe: Im Laufe der Jahre lernt man sich gut kennen, Vertrauen
entsteht, man weiß um die Lesevorlieben und kann diese schon beim Einkauf der
neuen Bücher berücksichtigen. So kann man auf die Leser eingehen und gezielt
beraten. Häufig ergeben sich spannende Gespräche über Bücher, aber auch darüber
hinaus, und nicht selten kommt man sogar auf ein privates Thema. Das habe ich
geliebt, und ja, ein wenig vermisse ich das. Das zweite Standbein sind Schüler,
bzw. Schulklassen.  Was für ein Trubel!
Doch es ist nicht nur eine wichtige Aufgabe, sondern eine echte Freude, Kindern
bei der Auswahl ihres Lesestoffes zu helfen.
 
Wer ist Ihr Lieblingsschriftsteller?
 
Da gibt
es viele, u.a.
Margaret Atwood, Paul Auster,
John Irving, aber auch Tania Blixen, Anna Gavalda, Alberto Vazquez-Figueroa,
Andrea Camilleri, Elias Canetti.. und diese Liste ließe sich noch problemlos verlängern!

Welches ist Ihr Lieblingsbuch?
Ein
einziges gibt es nicht, aber „Paul Bowles, Himmel über der
Wüste“ lese ich gern immer mal wieder.

Was lesen Sie gerade?
Ich bin
eine berüchtigte Querbeet-Parallel-Leserin. Derzeit lese ich  „Paul Auster, Sunset Park“,“ Jonas Jonasson,
Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg“,“ Michael Frayn, Willkommen auf
Skios“ sowie mehrere Sachbücher über das Osmanische Reich.


© privat

 

Haben Sie noch andere Hobbys?


Na ja, zur Zeit ehrlich gesagt gibt‘ s nur
Lesen, Schreiben, Kochen, und dazwischen
immer ein wenig Arabisch lernen
.
Wie stehen Sie zum Ebook?


Einerseits
kritisch, da das Lesen von Belletristik via Bildschirm – für mich! – wesentlich
weniger intensiv ist als bei einem „echten“ Buch. Bei mir behindert das
technische Gerät das Versenken in die Geschichte und die emotionale Hinwendung
zum Text. Andererseits: besser ein Ebook als gar nicht lesen!! Und für Fach- und
Sachbücher entfällt der Gefühlsaspekt
sowieso.
Wer oder was hat Sie zum Schreiben gebracht?
 
Meine eigenen
Reisetagebücher, die schon bald nicht nur die Erlebnisse des Tages
dokumentierten, sondern in denen sich auch immer wieder fiktionale Einschübe fanden:
Dieser faltige Oasenbauer, der da neben seinem mageren Esel gebückt des Weges
geht: Drücken ihn vielleicht Sorgen? Welche könnten das sein?  Oder dieses junge Mädchen, das in Staub und
Hitze die Ziegen hütet: Sollte sie nicht in der Schule sitzen? …Und schwupps, schon
war eine kleine Geschichte entstanden. Allmählich
wurden daraus längere Texte mit mehreren Handlungssträngen und irgendwann gab
es den ersten Roman von 380 Seiten. Niemand wollte ihn verlegen (aus gutem
Grund, wie ich heute weiß!) und so liegt er in der berühmten Schublade, wo
viele Autoren ihre nicht veröffentlichten Erstlinge aufbewahren.
Woher kam die Idee für das Buch bzw. die Reihe?


Irgendwann
packte mich der Gedanke, das Gemeinsame der Kulturen diesseits und jenseits des
Mittelmeeres als Basis einer abenteuerlichen Entwicklungsgeschichte zu
verwenden. Schließlich schufen die alten Handelswege hinüber und herüber seit
vorrömischen Zeiten Verbindungen zwischen den Ländern Europas, Nordafrikas und
des Nahen Ostens, respektive  zwischen
der christlichen, der jüdischen und der islamischen Welt. Neben sagenhaften Schätzen
aus den Tiefen des „schwarzen Kontinents“ hatten die großen Karawanen ja immer
auch neue Ideen und fremdes Wissen im Gepäck. Mit diesem Ansatz war es ein
Leichtes, Mirijams Geschichte zwischen Antwerpen und Mogador auszuarbeiten.
Sie reisen viel (Nordafrika, Marokko, Syrien). Können
Sie bestimmte Gegenden besonders empfehlen? Haben Sie dort Freundschaften
geschlossen, die Sie zu bestimmten Charakteren inspiriert haben?
In
Süd-Marokko z.B. ist nicht nur das individuelle Reisen leicht, man erlebt
darüber hinaus auch ein immer noch sehr authentisches und eigenwilliges fremdes
Land mit atemberaubenden Landschaften und ungewöhnlich aufgeschlossenen,
freundlichen Menschen. In Marokko, aber auch in Tunesien und Ägypten sollte man
halt nicht nur Badeurlaub machen, sondern sich umschauen. Es gibt so viel zu
entdecken… Befreundet bin ich mit mehreren Leuten, vor allem mit einer weit
verzweigten  Berberfamilie im Tal des Draá,
deren Schicksal mich seit Jahren intensiv beschäftigt. Anklänge ihrer Familiengeschichte
wird man u.a. im 2. Band der Marokko-Saga „Perlen der Wüste“ wiederfinden…
 
Wie lange dauerte das Schreiben? Wie sieht Ihr
Schreiballtag aus?
 
Während der Arbeit an „Das Leuchten der
Purpurinseln“ war ich Vollzeit berufstätig und konnte nur am Wochenende und im
Urlaub schreiben. Daher hat es vier Jahre gedauert, bis ich das magische Wort
„Ende“ unter die 700 Seiten setzen konnte. Inzwischen liegt mein beruflicher Schwerpunkt
völlig  auf dem Schreiben, sodass der
Folgeroman in weniger als zwei Jahren fertig wurde.  In meiner kreativsten Schaffenszeit, dem
frühen Morgen und Vormittag, konzipiere und schreibe ich neue Szenen, die ich
mit etwas Abstand am Nachmittag des folgenden Tages überarbeite. Manchmal
klappt das nicht so reibungslos, wie man annehmen könnte, aber das Wichtigste,
ist das Weitermachen. Als Autor trägt man seine Arbeit sowieso immer mit sich
herum und der Text arbeitet unentwegt in einem weiter. Man muss also lernen, Geduld
mit sich zu haben.
Was für ein Gefühl ist es das Buch jetzt stapelweise
in den Buchhandlungen zu sehen?
 
Es ist aufregend und eine wirklich große
Freude. Aber noch überwältigender war es für mich, das allererste
Vorabexemplar, das mir meine Lektorin drei Wochen vor Erscheinungstermin  zuschickte, in Händen zu halten. Ein bisschen
ungläubig habe ich den dicken Schmöker von allen Seiten besehen, befühlt und gestreichelt,
drin herumgeblättert … Und dann musste ich es sofort Jedem zeigen, der sich
nicht rechtzeitig in Sicherheit bringen konnte!


 

 

Ist es richtig, dass der zweite Teil „Die Perlen der
Wüste“ heißen soll und im Sommer 2013 erscheint? Kann man schon was verraten?
Geht es wieder um die gleichen Protagonisten oder um die nächste Generation?


„Die Perlen
der Wüste“ wird tatsächlich im Mai/Juni 2013 als Blanvalet-Taschenbuch
erscheinen, und zwar mit einem wunderschönen Cover, das die LeserInnen in die Weiten
der Wüste lockt… Viel verraten kann ich natürlich noch nicht. Vielleicht dies:
Mirijam und Miguel müssen sich ordentlich um das von ihrer eigensinnigen Tochter
Sarah angerichtete Desaster sorgen…
Herzlichen
Dank für die wirklich schöne Rezension, Sonja! Und dafür, dass Sie mir hier Gelegenheit
geben, ein wenig aus meinem „Nähkästchen“ zu plaudern.


© Bildschön Das schnelle Bildnetzwerk GmbH

 

Vielen Dank für das Interview. Ich melde mich schon mal freiwillig als Testleserin für den zweiten Band J

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