Interview

Interview // Ildikó von Kürthy – Es wird Zeit und Es wird Zeit: Das Tagebuch zum Klagen, Lachen, Klügerwerden

Vor einigen Wochen hatte ich die Gelegenheit, über Rowohlt an einem Online-Meeting mit Ildikó von Kürthy und Ihrer Lektorin teilzunehmen. Dadurch neugierig geworden, las ich das Buch und machte mich tatsächlich mal wieder an das Tagebuch schreiben. Die Rezensionen zu diesen Büchern finden sich über die Suchfunktion auf diesem Blog.

© Sonja Kochmann

© Sonja Kochmann

 

Doch ich war immer noch neugierig und durfte der Autorin ein paar Fragen zukommen lassen:

 

Wer oder was hat Sie zum Schreiben gebracht?

Ich war schlecht in Mathe und wurde auch nicht als Model entdeckt. Ich bin sehr einseitig begabt und hatte nie die Qual der Wahl zwischen mehreren Talenten. Meins war eindeutig das Schreiben, das Formulieren und das Fabulieren. Mein Vater war blind und insofern war Sprache bei uns zu Hause überlebenswichtig. Sobald ich sprechen konnte, begann ich, meinem Vater die Welt zu beschreiben, sie für ihn wahrzunehmen und alles, was ich sah, für ihn in Sprache zu übersetzen.

Wollten Sie schon immer Autorin werden?

Ich wollte mich mit dem beschäftigen, was mir leicht fiel und Freude machte. Das war das Schreiben. Ich kann nur jedem empfehlen, sich seinen Beruf nach Neigung, Lust und Leichtigkeit auszuwählen. Man möchte ja nicht sein Leben damit verbringen, etwas zu tun, was vielleicht der Opa für sinnvoll hielt oder was einem unheimlich viel Mühe bereitet. Ich wurde Journalistin und Schriftstellerin und habe das nicht einen Tag lang bereut.

Wie schreiben Sie? Wie verläuft ein Arbeitstag bei Ihnen?

Wenn ich gerade an einem Roman schreibe, arbeite ich sehr diszipliniert von dem Moment an, wo meine Kinder in der Schule sind bis zum frühen Nachmittag. Dann lebt meine ganze Familie mit den Figuren des Buchs, leidet mit ihnen und auch mit mir, wenn ich das Gefühl habe, nicht weiterzukommen. Es gibt natürlich auch andere Phasen der Buchentstehung, die ganz anders und viel weniger strukturiert sind. Es gibt die fremdbestimmte, aufregende und anstrengende Zeit der Pressearbeit, in der sich Interviews und Fernsehauftritte häufen. Dann die Monate, in denen ich auf Tour gehe und mit meiner Show zum Buch auftrete und schließlich die Luxus-Zeit des Durchatmens.

Wer ist Ihr Lieblingsschriftsteller?

Meine LieblingsschriftstellerInnen sind Dorothy L. Sayers, Mariana Leky, Rosamunde Pilcher, Liselotte Welskopf-Henrich, Joachim Meyerhoff, Stefan Zweig und Friedrich Torberg.

Was ist Ihr Lieblingsbuch und was lesen Sie gerade?

Ich liebe „Die Tante Jolesch oder der Untergang des Abendlandes in Anekdoten“ von Friedrich Torberg und lese es regelmäßig, immer wieder seit Jahrzehnten und mit wachsender Begeisterung. Es war schon das Lieblingsbuch meiner Mutter. Im Moment lese ich, so wie meistens, ein Sachbuch und einen Roman gleichzeitig. Und zwar das bewegende Buch gegen das traditionelle Schönheitsideal „Body Politics“ von Melody Michelberger und den phantastisch aufwendig konstruierten, spannenden Kriminalroman von Joël Dicker „Das Geheimnis von Zimmer 622“.

Ein Tagebuch ist ja etwas Greifbares. Eine Baustelle, an der immer gewerkelt wird. Wie stehen Sie zum Ebook?

Ich liebe Ebooks und nutze sie nie. Ich bin eine treue Freundin von Papier – aber ich begrüße und verstehe natürlich den Fortschritt, den es bedeutet, Bücher elektronisch lesen zu können. Letztlich ist es mir egal, wie und wo – Hauptsache es wir gelesen!

© Sonja Kochmann

 

Die Live Lesung mit Saskia Fischer war der Hammer. Was ging Ihnen da so allein mit den Technikern ohne Publikum so durch den Kopf?

Saskia und ich haben diesen Auftritt von Anfang an wahnsinnig genossen. Wir wussten: Das wird etwas ganz Besonderes. So etwas haben wir beide noch nie erlebt, wir werden es nie vergessen und noch unseren Enkeln davon erzählen. Es war absurd und wunderbar. Das leere Theater. Fünf Leute im Raum. Rauchen auf der Bühne. Nachrichten von „Draußen“ per Telefon. Kein Applaus, kein Lachen, keine Gesichter in die man schauen kann. Und trotzdem: Eine Chance, aufzutreten, Nähe zu schaffen und uns alle daran zu erinnern: Wir sind nicht allein.

© Sonja Kochmann

© Sonja Kochmann

 

Wird es noch mehr online Lesungen geben?

Ich hoffe nicht! Ich musste so viele Shows verschieben – aber jetzt rechne ich fest damit, ab Herbst wieder auf der Bühne zu stehen und all das nachzuholen, was ich so schmerzlich vermisst habe.

Hat sich Lindt inzwischen für einen Sponsorvertrag zur Verfügung gestellt?

Hartleibiges Pack! Ich rechne stündlich mit einem lukrativen Angebot.

Auch das Werkstattgespräch mit Ihrer Lektorin war toll. Gibt es inzwischen Pläne für die geforderte Bettwäsche mit dem Design von Peter Pichler?

Ich bin froh, dass Sie dieses empfindliche Thema ansprechen. Jede Nacht weine ich mich in den Schlaf, weil ich nicht in Peter-Pichler-Bettwäsche liege. Das muss endlich öffentlich gemacht werden.

Welche/n Autor/in würden Sie gerne mal treffen? Welche Frage würden Sie stellen?

Einen Nachmittag mit Thomas Mann würde ich gerne verbringen. Ich glaube allerdings nicht, dass wir uns besonders gut verstehen würden. Abends würde ich mich dann gerne mit Rosamunde Pilcher, Glennon Doyle, Margarete Stokowski und Simone de Beauvoir beisammensitzen und ihnen zuhören, wie sie über Feminismus diskutieren.

© Sonja Tobias

 

Vielen Dank für diese Einblicke und ich gespannt, ob Sie bezüglich des Designs oder der Schokolade irgendwann Erfolg verbuchen können.

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